Machs guet, Tinu

27.10.2022 00:00

Machs guet, Tinu

Anfang Oktober ist Martin Suter, der langjährige Materialwart des Männer-Nationalteam, im 82. Lebensjahr verstorben. Der Schweizerische Fussballverband und die Nati trauern um "Tinu", der während 20 Jahren geschätztes Staff-Mitglied unter acht verschiedenen Nationaltrainern war.

Was 1994 nach der WM in den USA offiziell begann, war im Prinzip nichts anderes als ein «Hobby». Denn hauptberuflich war Tinu Suter zeitlebens Polizist. Als Ausbildungschef der Kantonspolizei Solothurn hatte er oftmals mit Leuten zu tun, die ähnlich alt waren wie die Nationalspieler, der Umgang mit jungen Menschen schien ihm gegeben. Um als Materialwart mitreisen zu können, opferte er meistens Überzeit und Ferien. 189 Mal sorgte er zwischen 1994 und dem legendären WM-Achtelfinal gegen Argentinien 2014 in São Paulo vor, während und nach Länderspielen dafür, dass es den Spielern an nichts fehlte.

Tinu führte akribisch Buch über seine Nati-Einsätze und war ein Perfektionist. Er legte Wert auf den korrekten und respektvollen Umgang mit Mensch und Ware, wirkte vielleicht manchmal etwas knorrig. Aber er war die Zuverlässigkeit in Person, wie gemacht für diesen Job – und eine gute Seele, die immer einen Schokoladenvorrat dabeihatte. Natürlich wussten die Spieler nicht nur, wo es Schoggi gab, sondern auch, dass sie ab und zu auf subtile Weise mitgeteilt erhielten, gefälligst sorgsamer mit dem Material umzugehen. Ab und zu räumte Tinu in Hotelzimmern oder in der Garderobe noch weiter auf. Der Eindruck, den man als Schweizer Nati im In- und Ausland hinterliess, war ihm wichtig.

Im Rampenlicht stand Tinu nicht gerne, selbst daheim am Mittagstisch kamen einige Anekdoten erst nach dem Ende seiner Zeit in der Nati aufs Parkett. Die Boulevardjournalisten merkten rasch, dass bei Tinu nichts zu holen war. Selbiges galt auch für Gegner während seiner sportlichen Aktivkarriere. Tinu war ein begnadeter Ringer (mehrmaliger Schweizer Freistilmeister im Weltergewicht), Nationalturner, Schwinger (mehrfacher Kranzgewinner) und Polizeisport-Wettkämpfer mit EM-Meriten.

Selbst im Alter von 75 Jahren konnte Tinu – nicht ohne Stolz – ein Sixpack präsentieren, so fit hatte er sich gehalten. Zeitlebens ein Bewegungsmensch, Fitmacher diverser Amateur-Fussballklubs im Kanton Solothurn und zeitweise auch des BSC Young Boys, Wanderer und Firmenfussballer, Tinu konnte niemals stillstehen. Dass ihn spätestens die Diagnose Alzheimer im Herbst 2021 in seinem schier unendlichen Tatendrang stoppte, war daher wenig verwunderlich. Am 1. Oktober 2022 durfte Tinu für immer einschlafen.

Er hinterlässt seine Frau Ursula, drei Kinder und fünf Enkelkinder. Der SFV und die Männer-Nati entbieten den Hinterbliebenen ihr tiefes Beileid und danken von Herzen für den jahrelangen Einsatz, erst für die U-21, später für das Männer-Nationalteam. Machs guet, Tinu!

SFV